21
Aug
2006

Stolz passé?

In der Diskussion treffen wir auf Stolz, die Brücke von der Fußball-WM war leicht geschlagen.
Serdar Somuncu hat in seinem Buch über seine Mein Kampf-Tour einen schönen Absatz über das neue Nationalgefühl der Deutschen nach der gewonnenen WM '90 geschrieben. Ich bin am falschen Rechner, ich habe es abgeschrieben, weil ich es damals so toll fand.

Inzwischen sehe ich natürlich die Einseitig Somuncus, was aber seinen Aufführungen nicht geschadet hat.

Nationalstolz? Nationalstolz. Die Runde ist aufgebracht, natürlich reichlich angetrunken, gebe ich zum besten, dass ich ihn verachte.

Ich brauche dieses Konzept des Nationalstolzes nicht, es ist überholt, es hat keine Bedeutung für mich.
Wir streiten bis aufs Messer, und doch ist klar, dass wir uns an Begrifflichkeiten aufhängen.
Aber es sind eben diese Begrifflichkeiten.
Ich fühle mich deutsch, aber für mich bedeutet Deutschsein eben auch Verantwortung und vor allem das Bewusstsein der eigenen Geschichte. Walser spricht von der Morakeule und wenn inzwischen sein Antagonist sich ja inzwischen selbst, zumindestens im Auge der Boulevardpresse (und leider auch des Spiegels) als unreflektierter Mitläufer diskreditiert, so bin ich doch der Meinung, dass wir uns immer Auschwitz' bewuaat sein müssen.
Das hat nichts mit einer Moralkeule zu tun, es ist meine innere Überzeugung, dafür zu sorgen, dass so etwas nie wieder passiert.
Aber wie kann man dafür sorgen? Der Mensch vergisst leider schnell und so finde ich auch die mütterliche Beipflichtung von Tims Elter einfach falsch. Es geht nicht darum, jahrzehntelang ein Joch zu tragen, was es uns nicht ermöglicht mit Vertreibung der eigenen Leute oder aber Kritik an Israel umzugehen - sondern es geht darum das Bewusstsein zu schaffen, dass der Holokaust ein singuläres Ereignis in der Geschichte der gesamten Welt ist.
Sicher gab es so manch anderen Genozid, aber keiner ist auch nur ansatzweise so perfide, so widerlich, so abstoßend kalt und genau geplant gewesen wie der Mord an den Juden.
Ich lese z.Zt. Imre Kertesz' Geschichte eines Schicksallosen und obwohl das Buch bis jetzt nicht übermäßig umwerfend ist, zeigt mir die naive Wahrnehmung, die Selbstverständlichkeit bei der Akzeptanz von Krematorien, die perverse Missachtung aller ethischen Grundsätze seitens der Deutschen wie abscheulich die Verbrechen der Deutschen sind.
Aber wer braucht Abscheulichkeit der längst verstorbenen Urgroßväter, keiner war dabei, alle hätten es heute anders gemacht, also vergessen wir doch einfach alles bzw. bewahren es als simple Faktensammlung mit passend trauriger Miene auf und präsentieren uns dem geneigten Ausländer als reuevoller Deutscher. Gleich danach kommt das Aufzählen deutscher Errungenschaften, nicht nur Automobil, nein auch Goether und Schiller kommen aus Deutschland, Mozart und Beethoven ebenso.

Ich frage, wir können wir auf etwas stolz sein, was wir nicht geschaffen haben? Wer hat denn selber etwas dafür getan, dass er Deutsch ist und darauf stolz sein könnte? Ich bin Deutscher, aber kann ich deshalb drauf stolz sein? War nicht meine Geburt ein glücklicher Umstand? Einige Hundert Meter weiter östlich und ich müsste auf Polen stolz sein.
Mir geht es gar nicht darum, Goethe unter den Tisch zu kehren, freilich kann ich nicht so recht verstehen, welchen Anteil wir als gemeine Deutsche an Goethe haben - mein Ansatz ist, der dass wir souverän sein müssen und dieses Konzept des Nationalstolzes einfach nicht mehr benötigen. Wir sollten wissen wer wir sind und so gehört nebn Goethee eben auch Auschwitz zu unserer Identität. Die Auseinandersetzung damit, das Beschäftigen, das macht mich stolz - stolz, dass ich in der Lage bin aus meiner, der Geschiche meiner Vorfahren zu lernen - da kann mir Nationalstolz gestehlen bleiben.

Ja dann war das wohl...

Bloggen ist so ungeheuer zeitaufwändig und davon habe ich eben rein gar keine...

Ich vergrabe meinen Kopf unter Kissen und höre Mias aktuelles Album Zirkus. Meine Mutter hat es mir geschenkt.

Ich schaffe es irgendwie nie es zu Ende zu hören. Es ist schön, progressiv, Mieze müsste jetzt nur noch richtig gut singen können. Aber das mag ich auch an ihr, dieses schnelle "reinquetschen" von Lyrics in die Melodie. Ihr eigener gedoppelter Backgroundgesang.
Zirkus ist vielleicht besser als die beiden anderen Alben zuvor, auf jeden Fall ist es anders.

Anders will ich auch sein, aber ich bin es nicht. Bin ich es doch? Eine Woche an der Ostsee und Saufen und auch mal mit Nimms kiffen. Am breitesten bin ich nach der Fresserei bei meiner Oma und dem Mittagsschlaf, ich bin so voll kann mich nicht bewegen. Möchte mich bewegen. Muss mich bewegen.
Die einzige Bewegung ist die Hand zum Weinglas zu führen. Ich habe neue Vokabeln gelernt. Zuziehen. Einfach, so viel zu trinken, bis man die Realität nicht mehr erkennt, bzw. sie so wahrnimmt, wie sie einem gefällt - verschwommen.

Diskussionen allenorts. Ich muss mich wehren, es ist grotesk - es behauptet jemand allen Ernstes, dass Rammstein amerikakritisch wären.
Ob des 4. oder 5. Bieres, fällt mir keine vergleichbare Band ein, ich realisiere dass meine Diskussionskultur überholt ist.
Ich mag Diskussionen, ich liebe sie irgendwie. Es ist mein Schlachtfeld - physische Gewalt ist lächerlich, die Macht der Worte ungebrochen.

Ich kann meinen Blick gar nicht genug trüben. Es ist aus. Für immer, die Schadenfreude in mir will nicht hochkommen - dafür nur hässliche Beleidigungen, die doch nichts weiter sind als mein gekränkter Stolz. Jeder, aber doch nicht so ein Stino, jemand so unbedeutendes.

Aber ich bin auch nicht besser, ich bin es einfach nicht.

Den Entschluss gefasst mal etwas konsequenter durchs Leben zu gehen.
Aber mir fällt es schwer sich darauf zu konzentrieren, die Chancen zu ergreifen, ich brauche Halt. Aber es gibt keinen.
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